CAKE | 13 — Häufig gestellte Fragen
Ist der Moment, in dem man begreift, dass die anderen es nicht besser wissen, der Tag, an dem man erwachsen wird? Oder ist es der Tag, an dem man erkennt, dass man es selbst besser weiß und etwas gegen die Inkompetenz der anderen unternimmt? Warum manche Menschen in der U-Bahn in ihre Hand husten, um sich mit der selben anschließend an einer Stange festzuhalten, war mir schon immer unbegreiflich. Warum mein Verlag eine Autobiografie bringt, deren Autor toxisch und dessen Kult immer geringer wird, verstehe ich auch nicht. Ich habe mehr erwartet. Dieser Satz kommt auf mein Vision Board.
Wenn mir eine gute Freundin sagt, dass sie mich schon lange nicht mehr so gut gelaunt gesehen hat wie direkt nach meiner Zahn-OP, sollte ich mir Sorgen um meine geistige Verfassung machen? Diese Woche wurden mir zwei Weisheitszähne gezogen. Ich durfte mir die Musik aussuchen. Der Zahnchirurg arbeitete zu Metallicas «For whom the bells toll», das durch die ganze Praxis dröhnte, während wir lachten und er an meinen Zähnen zog. Ausmisten hat mich schon immer glücklich gemacht.
Wann wird älter alt? Der Unterschied zwischen meinem Gesicht ohne Make-up und meinem Gesicht mit Make-up wird immer eklatanter. Ich versuche diesem Zustand mit koreanischen Masken, Hyaluronsäure, mindesten zehn Gläsern Wasser am Tag und rotem Lippenstift als Ablenkung entgegen zu wirken. Benutze aber weiterhin vier unterschiedliche Concealer hintereinander. Willkommen im Patriarchat. Hier gibt's nichts zu sehen. Gehen Sie bitte weiter.
Wieso muss das deutsche Fernsehen so schlecht sein? Ich habe sicherlich auch deshalb eine Schwäche für koreanische Dramaserien entwickelt. Koreanische Männer sind darin so schön feminin. Sie haben weiche Gesichtszüge, zarte Hände und tragen gern Pastellfarben und Handtaschen. Koreanische Frauen dagegen schmollen und weinen viel, treten bei Männern und Kindern, die schwer vom Begriff sind, aber auch gern mal zu. Und die Geschichten sind überraschend logisch. Und voll von product placements. Danach möchte man sofort los und ein Samsung Handy kaufen oder eine Dose eiskaltes Bier zischen lassen. Oder wahlweise unzählige Gläser Soju statt Wasser trinken. Aber das ist ein bekannter Effekt von Kapitalismus. Dem muss man widerstehen können.
Wenn man einer Bekannten in Zeiten von Corona vorschlägt, beim Asiaten essen zu gehen, ist das pragmatisch oder naiv? Leere Restaurants finde ich nämlich sehr attraktiv. Einerseits. Andererseits kann das natürlich immer ein Zeichen von schlechter Küche sein. Aber in beliebten Restaurants zu essen, die in letzter Zeit aus Idiotie oder Rassismus (das eine bedingt unbedingt das andere) gemieden werden, erscheint so verlockend wie eine heiße Schüssel Mapo Tofu mit einer guten Freundin. So gut. So so gut. Menschen neuerdings? Not so much. Manche stehlen Masken aus einer Kinderonkologie-Station. Wobei Rutger Bregman hier ein «I beg to differ» einwirft. Wieder ein Mann, der es besser weiß. Aber immerhin ein kluger.
Universitäten sind ja meine Utopien. Vor allem amerikanische. Die Bibliotheken, die Grünflächen, die gotischen Gebäude. Sie sind der perfekte Rückzugsort. Ich wollte schon immer sagen «Oh, fuck it. I'm going to Yale!». Diesen Juni darf ich das. Weil ich gefragt habe. Und meine Chefs mich mit einem «Ja» überrascht haben. Ich werde eine Woche in New Haven lernen, wie man Bücher verkauft. Fragen funktioniert tatsächlich. Mind blown. Aber wird es die USA im Sommer nach Corona überhaupt noch geben?
Ich weiß endlich, warum ich Japanisch lerne. Es ist der Reiz des Unerreichbaren. Jedesmal wenn ich etwas neues lerne, merke ich, wie viel ich noch nicht weiß. Mittlerweile befürchte ich, dass ich die Sprache nie sprechen werde. しょうがない. Ich habe erst vor kurzem herausgefunden, dass Japaner statt Anführungszeichen Eckklammern verwenden:「…」. So viel aufgeräumter. Die japanische Interpunktion sieht übrigens keine Fragezeichen vor. Wieso.